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Intensivpädagogik am Standort Frankfurter Straße

 

Entstehung und Allgemeines

Am Standort Frankfurter Straße sind seit dem Beginn des Schuljahres 2016/17 zwei Integrationslerngruppen eingerichtet, die als Vor- bzw. Folge-Stufe zum außerschulischen Lernort Von-der-Helm-Straße konzipiert sind (vgl. a) und b). Hinzu kommt eine intensivpädagogisch angelegte Projektklasse (vgl. c).

Im Schuljahr 19/20 führten veränderte organisatorische Rahmenbedingungen zu größeren Klassen. Dieser Umstand führte in Verbindung mit der Zunahme der Anzahl extrem verhaltensauffälliger Schülerinnen und Schüler zu der Notwendigkeit, die Integrationslerngruppen zu erweitern. Ab diesem Schuljahr gibt es daher drei Integrationsklassen (je eine für SEP, Jg. 03/04, Sek. I) zusätzlich zur weiterhin bestehenden Projektgruppe.

In diesen Klassen werden ausschließlich Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung unterrichtet. Bei einigen von ihnen liegen sehr stark ausgeprägte multiple Entwicklungs- und Lernverzögerungen vor und ihre Verhaltensauffälligkeiten drücken sich phasenweise in so heftigen unkontrollierten Ausbrüchen sowie immer wieder offenkundig werdender Gewaltbereitschaft aus, dass sie als schwerstbehindert nach §15 AOSF anzusehen sind.

Diese besonders auffälligen Schülerinnen und Schüler sind

  1. entweder Rückkehrer von der Von-der-Helm-Straße bzw. sie sind
  2. zwar extrem auffällig, es gibt allerdings begründeten Anlass zu der Annahme, dass sie mit einer intensiveren Begleitung und Förderung als es in einer der übrigen Klassen am Standort Frankfurter Straße möglich ist, sozusagen "die Kurve kriegen" könnten, ohne an den außerschulischen Lernort  wechseln zu müssen;
  3. solche, die aufgrund der begrenzten Kapazitäten in der Von-der-Helm-Straße (noch) nicht aufgenommen werden können.

 

In allen Fällen geht es um Integration, die mit einer auf jedes Kind individuell zugeschnittenen Auswahl der intensivpädagogischen Maßnahmen - idealerweise nach dem Prinzip der abnehmenden Hilfe - realisiert wird. Dabei kommen generell alle Maßnahmen zur Anwendung, die an der Von-der-Helm-Straße zum alltäglichen Geschehen zählen, sofern sie für den einzelnen Schüler hilfreich und personell umsetzbar sind. Zu nennen sind hier vor allem

  • ein individualisierter Stundenplan,
  • vermehrte Reflexions- und Einzelfallgespräche,
  • stundenweise Förderung in Einzelförderung bzw. Kleinstgruppen,
  • intensiver Austausch mit Eltern und weiteren an der Förderung beteiligten Institutionen,
  • Sozialtraining sowie Konflikt- und Krisenbearbeitung in der Schulstation,
  • Intensive Betreuung in kleinen Gruppen während der Hofpausenzeiten
  • die Rufbereitschaft einer Lehrperson zwecks ad-hoc-Krisenintervention z.B. bei häufig vorkommenden Fluchttendenzen oder unkontrollierten aggressiven Ausbrüchen als Schutz bei erheblicher Eigen- und Fremdgefährdung.

 

Um dies zu gewährleisten, haben die Lerngruppen eine deutlich reduzierte Schülerzahl (max. 10-11). Ebenso wird ein erhöhter Lehrerstunden-Schlüssel angewendet. Dies drückt sich trotz des am Standort üblichen Ein-Klassenlehrer-Prinzips effektiv in einer stark erhöhten Anzahl doppelt, d.h. von zwei Sonderpädagogen, besetzter Unterrichtsstunden aus.

 

Der für diese Schülerinnen und Schüler notwendige personelle Mehraufwand ist allerdings nicht nur über die der Klasse zugeteilten Lehrerstunden abzudecken. Gerade für diese Kinder werden die Angebote der Schulstation, die durch Lehrerstunden bestritten wird, zusätzlich besonders häufig und intensiv eingesetzt. Darüber hinaus werden Beratungs- und Klärungszeiten durch unsere Schulsozialarbeiter angeboten.

Während der Hofpausenzeiten werden insbesondere für diese Schüler diverse eng geführte Angebote bereitgehalten: Pausensperre, Ruhige Pause und IPM-Pause. Hier gilt ein Lehrer-Schüler-Schlüssel von maximal 10:1.

Ebenso obligatorisch ist für sie die Teilnahme am Programm „Gewaltfrei lernen“ sowie die - gern genutzte - Chance an den beiden Box-AG´s teilzunehmen, die über einen Anti-Aggressionstrainer im Nachmittagsbereich angeboten werden.

Die Ziele und pädagogische Grundhaltung all dieser an der Förderung beteiligter Personen orientiert sich am oben dargestellten Leitbild aller IPM des Förderzentrums MG Süd.

1. Räumliche Ausstattung
  • 4 Klassenräume
  • 1 kleinerer Differenzierungsraum
  • weitere Differenzierungsräume nach Stundenplanabsprache
  • Panelraum
  • „ruhige Pause“-Raum mit Spielmöglichkeiten
  • Musikraum
  • Kunstraum
  • Sporthalle
  • Lehrküche mit Essraum

 

2. Tagesstruktur

Der Unterricht beginnt für die Lerngruppen täglich um 8.15 Uhr mit einem offenen Anfang bis 8:45 Uhr. Hier startet der Schultag ritualisiert.

Angestrebt wird die Umsetzung des regulären richtlinienbezogenen Stundenplans, wobei individuelle Ausnahmen möglich sind; denn je nach individueller Belastbarkeit, Motivation und Zielsetzung muss die Schulzeit in Absprache mit den Eltern und am jeweiligen Förderplan orientiert variiert werden. Dieses beinhaltet Klein-, Kleinst- und Einzelunterricht je nach Erfordernissen, was prozessorientiert individuell angepasst wird, um jedem Kind Entwicklungsschritte zu ermöglichen. Dabei bieten stark ritualisierte, transparente und verlässliche Abläufe die notwendigen Strukturen zur Alltagsbewältigung.

 

Weitere Aufgabenbereiche sind

  • tägliche Reflexions- und Einzelfallgespräche, nach Bedarf mit allen Beteiligten (Eltern, Tagesgruppen, Schulsozialarbeit etc.)
  • Ziel- und Perspektiventwicklung im Rahmen von Hilfen zur Erziehung gem. KJHG § 27
  • Hausbesuche
  • Hilfeplangespräche
  • regelmäßiger Austausch und enge Zusammenarbeit mit dem Jugendhilfeträger
  • enge Zusammenarbeit mit externen Partnern (wie schulpsychologischer Dienst, Therapeuten, SPZ, LVR-Kliniken, Jugendfreizeiteinrichtungen)

 

Darüber hinaus findet regelmäßig im zweiwöchigen Rhythmus die Fachkonferenz „Intensivpädagogik“ mit dem Schulsozialarbeiter sowie der Standort- und Schulleitung statt.

3. Zielstellung

Die grundsätzliche Zielstellung für alle Schüler ist die stabile Eingliederung in eine bestehende Klasse am Standort. Grundlage der Arbeit ist eine stabile, vertrauensvolle Beziehung zwischen den Schülern und den Lehrkräften. Durch die enge Begleitung der Schüler durch das Klassenlehrerteam, die klaren strukturgebenden Abläufe und die individuellen Lern- und Entwicklungsziele hat jeder Schüler / jede Schülerin die Möglichkeit sich zu stabilisieren. Auch und gerade in Krisensituationen ist neben Klarheit und Konsequenz der Lehrkräfte für die Schüler besonders wichtig, dass sie unbedingte Wertschätzung und Annahme erfahren – unabhängig davon, was ihnen bisher nicht gelungen ist.

Der zeitliche Rahmen hierfür ist in diesem Prozess für jeden Einzelnen unterschiedlich lang. Grundsätzlich werden in Zusammenarbeit mit dem Kind und den am Erziehungsprozess Beteiligten ständig Perspektiven entwickelt, Teilziele formuliert und diese kurzfristig und konsequent reflektiert.

4. Regeln und positive Verstärker

Die verbindlichen Schulregeln sind den Schülerinnen und Schülern bekannt und bilden die Grundlage des Miteinanders.

Durch ein für die Schülerinnen und Schüler transparentes Belohnungssystem erhalten sie eine Rückmeldung über ihr Verhalten. Sie können durch Sammeln der Token vorher festgelegte Ziele erreichen. Die Schülerinnen und Schüler lernen dabei, dass sie gemeinsam etwas erreichen können und sich gegenseitig bei der Bewältigung einer Verhaltensänderung unterstützen können. Die Ziele werden in regelmäßigen Abständen überprüft und dementsprechend angepasst.

5. Elternarbeit

Die markanten Verhaltensformen der Schülerinnen und Schüler stehen häufig in direktem Zusammenhang mit dem Selbstverständnis ihrer Eltern und ihrer Familiensituation. Dementsprechend wichtig ist für die Elternarbeit eine beidseitige wertschätzende Grundhaltung. Auf dieser Basis werden gemeinsame Erziehungsziele gesetzt und ein konstruktiver Prozess initiiert. Elterngespräche finden zu festgelegten Zeitpunkten, bei gegebenem Anlass sowie in Notlagen auch spontan statt. Bei Bedarf sind Hausbesuche vorgesehen und tägliche Rückmeldungen z.B. via Mitteilungsheft obligatorisch.

6. Ausflüge

Außerunterrichtliche Aktivitäten werden als Belohnung, zur Förderung der Klassengemeinschaft sowie als Auszeit zur Entspannung eingesetzt. Größere Ausflüge und Aktivitäten erarbeiten sich die Schüler durch das Tokensystem.

7. Schulsozialarbeit

Die Schulsozialarbeit wird als ein zentrales Element zur Vermittlung von externen Hilfen an Eltern und Schülerinnen und Schüler verstanden. Auch als Unterstützung beim Kontaktaufbau mit Eltern und Erziehungsberechtigten ist Schulsozialarbeit eine wichtige Unterstützung. In diesem Rahmen können sowohl Beratungsgespräche, als auch Weitervermittlungen stattfinden. Des Weiteren ist die Schulsozialarbeit ein Unterstützungselement, um Schülerinnen und Schülerinnen eine Ergänzung zum regulären Unterricht zu bieten. Dies kann erfolgen, wenn entweder intensivierter Gesprächsbedarf oder das Bedürfnis nach einer Auszeit besteht. Regelmäßige Aktivitäten, auch in Zusammenarbeit mit Lehrkräften und Schulsozialarbeit, werden individuell und in Abhängigkeit von aktuellen Umständen geplant und durchgeführt.

8. Evaluation

Evaluation wird im Rahmen der intensivpädagogischen Maßnahmen als ein lebendiger Prozess verstanden. Im zweiwöchigen Rhythmus findet ein Arbeitstreffen zwischen Klassenteams, Standort- und Schulleitung sowie Schulsozialarbeit statt, bei dem aktuelle Ereignisse, Probleme und planerische Elemente besprochen und evaluiert werden. Zudem findet ein regelmäßiger Austausch zwischen Schule und Elternhaus statt. Im Rahmen der Förderplangespräche werden Entwicklungsziele mit den Schülerinnen und Schülern und Eltern vereinbart. Diese werden regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst.